Rückblick auf Scientology
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Dieser Text enthält meine Schlußfolgerungen über Scientology, nachdem ich 19 Jahre lang Kirchenmitglied war (davon 20 Monate als Mitarbeiterin), anschließend etwa ein Jahr lang versucht habe, ein Zentrum der "Freien Zone" zu etablieren, und danach mehr als sechs Jahre die "Freie Zone" weiter beobachtet habe, während sich meine spirituelle Suche in andere Richtungen ausgedehnt hat.
Er ist außerdem ein Versuch, Einsichten, die ein Buch füllen könnten, so weit zu komprimieren, daß der Text kurz und strukturiert genug wird, um einem Leser, der sich über Scientology informieren möchte, sein eigenes Verständnis zu ermöglichen, ohne daß er dafür mit einer vergleichbaren Menge an Geld, Zeit und Lebensenergie bezahlen muß, wie ich sie aufgewendet habe, bevor ich mir schließlich ein Urteil bilden konnte...
Hier ist die Kurzversion:
1. Scientology ist eine Goldmine.
2. Scientology ist eine gefährliche Goldmine!
3. Scientology ist ein Dschungel.
4. Scientology ist ein Spiegelkabinett.
5. Scientology ist ein IQ-Test.
6. Scientology ist eine Insel.
7. Scientology ist eine Goldmine...
Scientology ist eine Goldmine.
Damit meine ich nicht, daß man finanziell reich werden kann, sondern einen Schatz an (potentiellem) Wissen. Der Gründer von Scientology, L.Ron Hubbard, hat einen großen Teil seiner frühen und mittleren Jahre dazu verwendet, die Texte vieler wichtiger Denker und Autoren zu studieren und zu sammeln und sie zu einer philosophischen Theorie zu destillieren, die sich als Grundlage für aktive Arbeit (im Gegensatz zu bloßem Denken oder Lesen) einsetzen lassen würde, um die Verfassung des menschlichen Verstandes und Geistes zu verbessern.
Zu einer Zeit, wo die Menschen nur die Wahl hatten zwischen extremem Materialismus und über-ritualisierten (und repressiven) Kirchen, hat er den spirituellen Gesichtspunkt östlicher Religionen wie Buddhismus oder Hinduismus in die westliche Hälfte der Welt gebracht, jedoch gesäubert von den Ritualen, die auch sie entwickelt hatten und die ihren Kern an wirklicher Spiritualität verschleierten.
Zu einer Zeit, wo die Psychiatrie sich der menschlichen Seele nicht bewußt war und den Patienten als bloßes Stück Fleisch behandelte, hat Hubbard einen Zugang zum menschlichen Verstand angeboten, der Rücksicht auf die geistige Natur des menschlichen Wesens nahm (heute ist dieser Gesichtpunkt in vielen Zweigen von Forschung und Therapie verbreitet). Er hat einen technischen Weg der Feststellung und Handhabung eines Falles hinzugefügt, der für einen nüchternen westlichen Verstand attraktiver war als diffuse oder mystische religiöse Praktiken.
Weiters hat er das E-Meter erfunden, ein elektrisches Gerät, das Bereiche von mentalem Schmerz mit größerer Präzision lokalisieren half als jede andere Methode. Als er feststellte, daß manche Menschen Schwierigkeiten dabei hatten, seine Materialien zu lernen, hat er einen "Lernen, wie man lernt"-Kurs entwickelt, der half, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, und als seine Bewegung dann zu wachsen anfing, hat er administratives Knowhow entwickelt, das dicke Bände füllt und viele Juwelen der Einsicht enthält. Einige seiner frühen Bücher sind Schlüsseltexte für das Verstehen menschlicher Beziehungen und können Sie davor bewahren, verhängnisvolle Fehler zu begehen.
Die Ziele der Scientology als solche erzeugen bereits ein Gefühl der Hoffnung, eine bessere Zukunft zu schaffen. Eine Welt ohne Drogen, Krieg und Geisteskrankheit, eine Welt der Ethik, der hohen emotionalen Stufen und optimaler Vernunft, wo jeder Mensche volle Verantwortung für jeden anderen Menschen übernimmt - klingt das nicht wie ein Paradies? Besonders wenn so gut wie jedermann daran teilnehmen und dazu beitragen kann - es sind keine Schulzeugnisse dafür nötig, kein Universitätsdiplom, nur die Entschlossenheit, Zeit und Energie zu investieren und Menschen und Umstände besser zu machen, als sie gestern noch waren.
Wenn die Menschheit nur L. Ron Hubbard's Werk hätte, um mit mentalen Schwierigkeiten umzugehen und um Organisationen zu managen (ob sie sich nun mit Scientology befassen oder etwas anderem), wären sie ziemlich gut bedient. Aber dieses selbe Werk fügt sich nicht wirklich ein auf dem größeren Spielfeld anderer Autoren und ihrer "-ologien", besonders jener, die von der Mainstream-Welt der Wissenschaft in Schulen und Universitäten etabliert worden sind. Lesen Sie weiter, wenn Sie verstehen wollen, warum...
Scientology ist eine gefährliche Goldmine!
L. Ron Hubbard hat so viele Bücher, Richtlinienbriefe, technische Bulletins (Instruktionen, wie man mit dem Verstand eines Menschen arbeitet) und andere Texte verfaßt, daß er ein ganzes weiteres Leben dazu gebraucht hätte, sie alle durchzusehen und miteinander so abzustimmen, daß sie ein zusammenhängendes System bilden ohne alle die Widersprüche, die ihr Studium heute so schwierig machen.
Tatsächlich ist Scientology so voll von Widersprüchen (sehen Sie die wichtigsten hier), daß nur die ausdauerndsten Menschen sie lange genug studieren können, daß sie schließlich das Gesamtbild verstehen. Von den ersten Kursen an sehen die Studenten Zeilen wie "der einzige Weg, X zu tun ist Y, und wenn du irgendetwas anderes tust, kann es sehr gefährlich sein und sogar Menschen das Leben kosten". Dann lesen sie Zeilen, die das Gegenteil verordnen, ihnen aber ebenso gefährliche Konsequenzen androhen für den Fall, daß sie es falsch machen. Es erfordert einige Monate oder sogar Jahre, zu erkennen, daß diese Behauptungen mit Vorsicht zu genießen sind, und daß sie in einigen heiklen Fällen sogar ganz falsch sind.
Für einen der wichtigsten Begriffe, "Clear" (eine bedeutende Bewußtseinsstufe in Scientology) gibt es ein Dutzend Defintionen, von denen die ältesten am besten sind, wobei aber die neuesten wichtige Details enthalten. Also müssen alle von ihnen studiert und im Gedächtnis behalten werden - Scientologen ist es verboten, sie zu einer einzigen, kompakten neuen Definition zu verschmelzen, oder die Gruppe würde sie als Squirrels verstoßen.
Hubbard hat einen Text geschrieben, der als Anleitung verwendet werden kann, Widersprüche "nach Gewicht" aufzulösen (im Prinzip eine Zuweisung von Prioritäten oder relativen Wichtigkeiten in Texten). Es handelt sich dabei um den Artikel "Anatomie des Denkens", den ersten in einer Serie von Texten mit dem Namen "Daten-Serie", deshalb oft auch "Daten-Serie 1" genannt. Unglücklicherweise ist dieser Artikel nicht sehr gut bekannt, obwohl ihn jeder Scientologe schon früh in seinem Training gelesen haben sollte. Wenn daher jemand auf einen Widerspruch stößt, hat sich die allzumenschliche Gewohnheit durchgesetzt, das zu tun, was die Mehrheit tut, statt daß jeder für sich selbst denkt auf der Grundlage von "Anatomie des Denkens".
Nun ist die Mehrheit der Scientologen, besonders der Kirchen-Mitarbeiter, um deren geistigen Fortschritt sich kaum jemand kümmert, noch immer weit davon entfernt, "Clear" zu sein (die vollkommen vernünftige Person am Ende einer Serie von Scientology-Graden, die als die "Brücke" bezeichnet werden). Unter Berufung auf einige von Hubbard's Aussagen (zu denen es viele widersprüchliche andere Aussagen gibt, die wichtiger, aber weniger gut bekannt sind), zeigen sie eine elitäre Arroganz, die sich in einigen Fällen - besonders innerhalb der Kirche - zu einer extrem intoleranten, repressiven und sogar faschistischen Geisteshaltung entwickelt hat. Es gibt viele Berichte am Internet, wo Opfer und Zeugen aus erster Hand von himmelschreienden Zuständen berichten.
Glauben Sie mir das eine: Wenn Sie je einen Scientologen treffen, der offenbar ein intolerantes oder sogar faschistisches A******ch ist, dann hat er oder sie Hubbard nicht in dem Ausmaß studiert, das nötig wäre, um jemandem die Augen über Hubbard's wahre Prioritäten zu öffnen. Hubbard hat das sogar vorhergesagt. In seinem Schlüsseltext "Wie man Scientology am Funktionieren erhält" erwähnt er, daß das menschliche Unterbewußtsein (die Quelle alles irrationalen Verhaltens) alles tun wird, um etwas Funktionierendes in etwas Irrationales und Destruktives zu verwandeln.
Es ist wirklich bedrückend, zuzusehen, wie sich diese seine Vorhersage nicht nur in seiner eigenen Kirche bewahrheitet, sondern sogar in einigen der kirchenunabhängigen Scientology-Gruppen der "Freien Zone", die ihre "Mutterkirche" dafür kritisieren, daß sie nicht länger Hubbard-getreu ist, die aber selbst eine ähnliche Intoleranz und Arroganz demonstrieren wie jene, die man in der Kirche sieht. Einige der Menschen, die den größten Eifer zeigten, sich selbst zu verbessern, sind in diese Fallgruben gestürzt, sind in diesem Labyrinth verschwunden, und statt bessere Menschen zu werden, haben sie all den Anstand und die Gutherzigkeit verloren, die sie am Anfang ihrer Scientology-Laufbahn noch besaßen.
Die Goldmine Scientology ist eine Goldmine ohne Lageplan und ohne Wegweiser. Sie haben nur Ihre eigene Integrität als Führer. Wenn dieser Führer stolpert und sich das Genick bricht, sind Sie verloren und sehen vielleicht nie wieder das Licht des Tages - nämlich ein offener, extravertierter, warmer und freundlicher Charakter zu sein.
Scientology ist ein Dschungel.
Verglichen mit Scientology ist ein Dschungel ein gemütlicher und friedlicher Ort. Während die Theorie Regeln und Gesetze von wunderbarer Einfachheit und Anwendbarkeit für zwischenmenschliche Beziehungen lehrt, kommt diese Theorie im praktischen Leben ganz einfach nicht genügend zur Anwendung.
Hubbard's "Zwei goldene Regeln" und sein "Kodex eines Scientologen" allein würden jeden Menschen, der sie wirklich anwendet, perfekter als einen Heiligen erscheinen lassen. Leider zeigt die Realtität, daß diese Vorstellungen, die wie das Versprechen einer besseren Welt klingen, wenn man sie in den einführenden Büchern liest - und die der Grund sind, warum sich neue Interessenten zu Scientology hingezogen fühlen -, nicht in vollem Umfang angewendet werden - basta!
Natürlich gibt es einige Scientologen - besonders die älteren, die Hubbard noch persönlich gekannt haben -, die wirklich wunderbare Beispiele für die Tugenden der Scientology abgeben. Aber sie sind in der Minderheit. Viele Anfänger bemühen sich ebenfalls, ihre menschlichen Beziehungen zu verbessern, indem sie diese Regeln anwenden. Aber die meisten bekommen nie genug Studium und Ausbildung, um wirklich gut in der Kunst der Kommunikation zu werden, die als einer der Grundpfeiler von Scientology angesehen wird - oder in einer der anderen Künste der Scientology.
Die Tatsache, daß Hubbard die Wichtigkeit der Anwendung seiner Theorien immer enorm betont hat, macht nicht wirklich einen Unterschied. Auch nicht die vielen Zeilen, die Hubbard über die persönliche Verantwortung geschrieben hat, die jeder Scientologe dafür hat, die Ethik seiner Gruppe auf einem hohen Niveau zu halten.
Nun sind im Dschungel der Scientology die kleinen Ratten und Schlangen eigentlich das geringere Problem. Da gibt es auch die großen Affen, die Ihnen das Dasein ziemlich vermiesen können, und die Raubtiere, die Sie buchstäblich das Leben kosten können.
Die großen Affen sind jene Anführer, die Gruppen außerhalb der Kirche geformt haben (um fair zu sein: nur wenige davon sind wirklich übel!) Manche von ihnen haben eine verblüffende "Guru"-Mentalität entwickelt - soll heißen, sie machen die Menschen abhängig von ihrer Führerschaft, statt ihnen beizubringen, wie sie sich auf der Grundlage von Hubbard's Schlüsseltexten selbst führen können. Und was noch schlimmer ist, diese von ihrer Wichtigkeit überzeugten Häuptlinge kleiner lokaler Gruppen halten untereinander keinen Frieden, machen sich gegenseitig schlecht und haben daher dem globalen Organisationsnetz der Scientology-Kirche keine vergleichbare Struktur entgegenzusetzen.
Unverhohlenes Mobbing und widerliche Lügen über Konkurrenten kommen öfter vor als einmal im Jahrhundert. Solches Verhalten mag "einfach menschlich" sein, aber es ist sicher kein Beispiel für den Geist der Scientology - tatsächlich ist es ziemlich tief unten auf Hubbard's Skala der Emotionsstufen. Ich nenne hier keine Namen, weil es immer Hoffnung gibt, daß sich jemand zum Besseren verändert - halten Sie nur Ihre Augen offen, bevor Sie jemandem Ihr Geld anvertrauen, wenn Sie ein Scientologe aus der "Freien Zone" sind.
Die Raubtiere - jedenfalls zum Zeitpunkt, da dieser Text geschrieben wird - findet man hauptsächlich innerhalb der Scientology-Kirche. Sie setzen die Mitglieder derart unter Druck, daß sie ihr Haus, ihren Hund, ihre Kinder und ihre Großmutter verkaufen würden, um die nie endende Geldgier der Kirche zu befriedigen.
Es überrascht Sie vielleicht, daß das in extremem Gegensatz zu L. Ron Hubbard's Prinzipien steht, da er doch von den meisten kritischen Büchern und Websites als so geldgieriges Monster dargestellt wird. Nein! Die relevanten Richtlinienbriefe zeigen eindeutig, daß er die Zahlungen für Dienstleistungen in einer realistischen Höhe haben wollte und "nicht zu hoch, um das Publikum zu entmutigen". Er lehrt auch die Wichtigkeit der Balance zwischen den Lebensbereiche eines Menschen, was ebenfalls bedeutet, daß es keine Scientology-Tugend ist, alles andere zu opfern, nur um immer noch mehr Geld für die Kirche zu scheffeln.
Es gibt verschiedene Spekulationen darüber, wie all das gekommen ist und warum Hubbard's klare Anweisungen nicht befolgt werden. Die gutmütigere Theorie ist, daß der gegenwärtige Führer der Kirche, David Miscavige, einfach ein unfähiger Student ist, der Hubbard's Werk nie gründlich genug gelesen hat, um den Geist der Scientology (im Gegensatz zu ihren gedruckten Buchstaben) wirklich zu verstehen. Stattdessen kann er ausgezeichnet brüllen, und obwohl das eigentlich keinen Scientologen mehr beeindrucken sollte, der den "Kommunikationskurs" abgeschlossen hat (den ersten Schritt auf der Stufenleiter von Kursen), ist in der Realität wieder einmal alles anders, und der Lärm, den ein Mann mit seinen Stimmbändern macht, setzt alle Weisheit Hubbard's außer Kraft.
Vermutlich näher an der Wahrheit ist eine andere Theorie: Der berühmte Hellseher Ingo Swann - der für die amerikanische Regierung gearbeitet hat - hatte so spektakuläre Erfolge durch die Verwendung von Scientology-Methoden, daß die CIA Angst bekam, es würde in Zukunft nicht mehr möglich sein, irgendetwas geheimzuhalten, wenn eine größere Anzahl von Menschen durch diese Methoden zu Hellsehern würden. Also infiltrierten sie die Kirche und sorgten dafür, daß Scientology als Ganzes so schauerlich pervertiert wurde, daß sie das destruktive Durcheinander wurde, das sie heute ist. Und natürlich wurde besonderer Wert darauf gelegt, daß die Drills und Übungen, durch die man zum Hellseher werden konnte, innerhalb der Kirche nicht mehr erhältlich waren
Es gibt eine große Anzahl von Websites mit Beweisen für diese und andere Theorien am Internet. Wenn Sie mehr Details darüber wissen möchten, machen Sie einfach eine Stichwortsuche auf Google. Daß die Kirche ihre Mitglieder diese "alten" Methoden nicht mehr anwenden läßt, ist eine Tatsache. Daß Scientology in der öffentlichen Meinung jede Attraktivität verloren hat, ist ebenfalls eine Tatsache. Wenn es wirklich eine CIA-Operation war mit dem Ziel, Scientology vom Markt zu verjagen, ist es ihnen so gut gelungen, daß sie eine Medaille dafür verdient haben. Ob das auch wirklich ein Dienst an der Menschheit war, ist eine andere Frage.
Scientology ist ein Spiegelkabinett.
Einige der Aussprüche Hubbard's, die man am Internet findet, sind ziemlich schockierend, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen zitiert werden.
Hier trifft die alte Regel "Schönheit liegt im Auge des Betrachters" zu. Diese Regel stimmt auch für die meisten emotionalen Stufen: wir nehmen Dinge in dem selben Licht wahr, das wir selbst auf sie projizieren. Realität ist wie eine weiße Wand. Wenn ein roter Scheinwerfer auf sie gerichtet wird, wird sie rot erscheinen. Wenn ein grüner Scheinwerfer auf sie gerichtet wird, wird sie grün erscheinen. Emotionen funktionieren ganz ähnlich. Texte, Bilder, ja sogar Menschen erscheinen in genau jenem emotionalen "Licht", das wir selbst auf sie projizieren, ob es nun Freundlichkeit ist, Liebe, Haß, Angst, Furcht usw.
Wenn Sie je die Gelegenheit hatten, ein paar Minuten von einem der Tonbandvorträge Hubbard's zu hören, werden Sie wissen, daß er unglaublich witzig ist, und daß seine Zuhörer sich offenbar vor Lachen am Boden wälzen. Einer der wenigen Anlässe, bei denen man jemanden in einem Scientology-Kursraum wirklich herzlich lachen sieht, ist dann, wenn er einen Tonbandvortrag von Hubbard hört.
Auf dieser emotionalen Stufe ist es einfach ein lustiger Scherz, wenn er etwas sagt wie "die Regierung und andere Kriminelle". Auf Papier gedruckt, sieht es plötzlich aus wie die Aussage des Mitglieds einer gefährlichen Verschwörung.
Ein ausgeglichener Mensch auf einer hohen emotionalen Stufe würde niemals daran denken, im Haus eines Gegners Feuer zu legen. Wenn er einen Text von Hubbard liest, wo Hubbard erwähnt, daß "das Lager des Feindes in Flammen aufgeht" als Geburtstagsgeschenk für einen Vorgesetzten, würde er kurz grinsen und es schätzen, daß Hubbard's absurd übertriebener Scherz ihm ein kleines entspanntes Lächeln in der Mitte eines langen Tages voll konzentrierter Arbeit beschert hat. Er würde auch etwas darüber lernen, daß man seine Vorgesetzten zufriedenstellen muß.
Ein todernster Mensch, der in jedem Schatten Feinde lauern sieht, liest die selben Zeilen und denkt "Wow! Hubbard war ein echter Krimineller, und das ist eine offene Aufforderung an seine Nachfolger, ebenfalls kriminelle Handlungen zu setzen!"
Vielleicht war es ein Fehler von Hubbard, nicht im voraus an die Möglichkeit zu denken, daß sein Sarkasmus und sein grimmiger Humor von Menschen wörtlich genommen werden könnten, die nur einmal im Jahr lachen und auch dann nur, wenn sie zuvor ganz sicher sind, daß ihnen niemand zusieht. Er konnte nicht vorhersehen, daß man seine Vorträge zitieren würde, ohne je einen davon zu hören, so daß man nicht wissen konnte, wie locker und scherzhaft die Atmosphäre in diesen Vorträgen war. Er hat auch nicht erwartet, daß seine übertriebenen Scherze in geschriebenen Texten von manchen Menschen so wörtlich genommen werden würden.
Obwohl er eigentlich gewarnt sein hätte müssen: Die Beobachtung, daß Menschen auf niedrigen emotionalen Stufen keinen Sinn für Humor haben und alles wörtlich nehmen, ist Teil seiner "Tabelle der Einschätzung des Menschen".
Ohne mich zu viel in Details zu verlieren, möchte ich Sie wissen lassen, daß Scientology-Prozeduren eine Menge mit Differenzierung zu tun haben.
Hubbard hat die Theorie formuliert, daß in einer traumatischen Erfahrung alles mit allem anderen gleichgesetzt wird. Die rote Farbe des Autos, das uns anfährt, wird mit dem blauen Himmel gleichgesetzt, mit dem Sonnenschein, dem Kreischen von Bremsen und dem Kopfschmerz, der davon stammt, daß wir auf der Straße aufschlagen. In der Zukunft werden uns nun alle die hübschen Dinge wie Sonnenschein oder blauer Himmel Kopfschmerzen verursachen. So funktioniert der "reaktive Verstand" (der unterbewußte Teil des Verstandes, wo traumatische Erlebnisse gespeichert sind).
Nun befasst sich ein großer Teil der Scientology-Prozeduren damit, diese falschen Gleichsetzungen auseinanderzunehmen. Nachdem wir durch eine solche Erinnerung einige Male hindurchgegangen sind, erkennen wir, daß ein blauer Himmel nicht dasselbe ist wie ein Kopfschmerz. Er ist anders, verschieden (englisch: different). We lernen zu differenzieren. Das rote Auto von vor 10 Jahren ist nicht das rote Auto von heute, und ein rotes Auto ist nicht dasselbe wie Kopfschmerzen. Der Verstand, der durch ein Paket von Wahrnehmungen überwältigt wurde, nimmt das Paket nun auseinander und lernt, die einzelnen Wahrnehmungen unabhängig voneinander zu behandeln. Auf diese Art verschwinden die Schmerzen psychosomatischer Krankheiten.
Der typische Scientologe verbringt Jahre seines Lebens mit Sitzungen, wo er ganze Ketten solcher Erlebnisse durcharbeitet. Mit der Zeit lernt er, immer besser zu differenzieren. Aber in einem Punkt wird von ihm erwartet, daß er bereits perfekt differenzieren kann, noch bevor er seine allererste Sitzung hatte: in der Frage, ob er Scientology genügend trauen soll, um sie für seine Selbstverbesserung zu verwenden, oder nicht!
Es gibt so viel negative Information über Hubbard und seine Kirche am Internet und in den Medien, daß ein Verstand, der durch viele traumatische Erfahrungen gelernt hat, unterschiedliche Dinge falsch miteinander gleichzusetzen, diese negativen Informationen vermutlich falsch mit all dem Guten gleichsetzen wird, das Scientology-Prozeduren bewirken können. Wie die falsche Gleichung blauer Himmel = Sonnenschein = rotes Auto = Kopfschmerz wird er auch die falsche Gleichung Scientology = Sitzungen = Geldgier = totalitäre Kontrolle aufstellen.
Ein Verstand, der gelernt hat, richtig zu differenzieren, wird vermutlich in der Lage sein, die Perlen vom Mist zu unterscheiden, aber wie können wir von jemandem erwarten, diese Fähigkeit zu haben, bevor er auch nur begonnen hat, den Pfad des Lernens zu gehen, der diese Fähigkeit lehrt? Ist es möglich, daß nur jene Menschen das Gute in Scientology entdecken können, die Scientology gar nicht brauchen, weil sie die Fähigkeit bereits besitzen, die ihnen Scientology helfen sollte zu entwickeln?
Oder ist sie einfach ein IQ-Test? Niemand würde schlechter von Picasso's Gemälden denken, nur weil er ein Frauenheld war. Fast alle großen Künstler haben ihre Drogen- oder Alkoholprobleme. Manche prügeln ihre Frauen und andere waren im Gefängnis, weil sie gestohlen haben oder bei Rot über die Kreuzung gefahren sind. Trotzdem werden sie nach wie vor für die Größe ihres Werks bewundert.
In einer Goldmine werden Tonnen von Gestein verarbeitet, um ein paar Gramm des Edelmetalls zu finden. Enthält das Werk von L. Ron Hubbard genügend Wertvolles, daß man sich die Mühe machen sollte, es von dem Schutt in seiner Biographie und in der Geschichte seiner Kirche zu trennen?
Am Ende des Buches, mit dem seine Karriere begonnen hat, "Dianetik", fordert Hubbard den Leser auf: "Baut eine bessere Brücke!" ("Brücke" ist seine Bezeichnung für den Weg von einem irrationalen menschlichen Wesen zu einem völlig vernünftigen Menschen oder "Clear"). Das erzeugt ein Gefühl der Ermutigung, das Werk, das er begonnen hat, fortzuführen. Es ist keine Überraschung, daß dieses Buch für viele der gegenwärtigen Mitglieder den Einstieg in Scientology bedeutet hat.
Es ist immer noch eines der wichtigsten Werbeartikel. Wenn allerdings ein Leser dann beginnt, Kurse in der Kirche zu nehmen, studiert er Texte über Texte, die übereinstimmend aussagen, daß nur Hubbard's Schriften und Tonbänder von Scientology-Studenten verwendet werden dürfen, daß darüber keine Diskussionen erlaubt sind, daß für den Fall, daß sie dazu Fragen haben, den Studenten nur wieder Hubbard's Text gezeigt werden darf, und er aufgefordert werden muß, jegliche Wörter zu defnieren, die er nicht verstanden hat. Erklärungen sind verboten.
Scientologen lieben Hubbard's Aussage "Für dich ist nur wahr, was du selbst beobachtet hast". Sie lieben es, wenn er sagt "Akzeptiere nichts, nur weil ich es gesagt habe", und wenn er sich weigert, ihre Autorität zu sein. Aber die Realität ist, daß irgendjemand, wenn vielleicht auch nicht Hubbard selbst, ihn zur absoluten Autorität gemacht hat, neben der niemand anderer existieren kann.
Trauma-reduzierende Prozeduren oder mentale Übungen von anderen Autoren zu verwenden, oder eigene Prozeduren zu schreiben, selbst wenn sie sich gut mit Hubbard's Prozeduren vertragen, ist ein "Schwerverbrechen" (kein Scherz!) Und doch hat er auf einem Kurs für Fortgeschrittene gesagt, daß ein Absolvent dieses Kurses in der Lage sein wird, maßgeschneiderte Prozeduren für jeden speziellen Bedarf zu schreiben: einer der vielen bereits erwähnten Widersprüche.
Hier ist ein weiterer: Es ist absolut verboten, "Praktiken zu mischen", und "aufgeschlossen" zu sein wird als Charakterfehler betrachtet, nicht als etwas Positives. Und doch gibt es da das Buch "Wissenschaft des Überlebens" und seine "Tabelle der Einschätzung des Menschen", wo wir feststellen, daß ein Mensch ganz oben auf der Skala versuchen wird, seinen eigenen Gesichtspunkt dadurch zu erweitern, daß er die Gesichtspunkte von anderen studiert. Wenn wir die Prinzipien des Artikels "Anatomie des Denkens" auf diesen Widerspruch anwenden, müßten viele Blätter mit Hubbard's Texten aus den Büchern herausgerissen werden!
Kreative Menschen, die die Forschungen weiterführen und das Fachgebiet erweitern wollen, handeln sich kollektive Verachtung ein und werden als "Squirrels" (Eichhörnchen) beschimpft - keineswegs ein freundliches Wort in der Welt von Scientology, sondern eine sehr abschätzige Bezeichnung für jemanden, der etwas Funktionierendes so lange verdreht, bis es nutzlos geworden ist. In einer Peer-orientierten Wissenschaft wie Medizin oder Physik - wo ein neuer Student die Einsichten, Verfahren und Techniken von zahllosen Menschen lernt, jeder von ihnen ein Genie - wäre es undenkbar, der jungen Generation mit einer derartigen Guru-Anbetung so den Mund zu verbieten.
Das ist eine weitere Sache, die Hubbard in seinem eigenen Werk beschreibt. In seinem "Lernen, wie man lernt"-Kurs beschreibt er drei Studierbarrieren, und dazu eine vierte, die eigentlich die erste ist (er nennt sie "Studierbarriere 0"): die Idee, daß jemand bereits alles weiß, was es zu lernen geben könnte. Genau diese Geisteshaltung findet man in so gut wie jedem Scientologen. Sie sind praktisch außerstande, neue Gedanken, die nicht von Hubbard erwähnt und vor-verdaut wurden, zu verstehen. Und wenn sie sie doch verstehen, sind sie sofort bereit, sie als unnötig abzuwerten oder irgendwie anders dafür zu sorgen, daß nichts ihr System gefährdet - ihr festgefahrenes System von Hubbard-Axiomen, Hubbard-Annahmen, Hubbard-Schlußfolgerungen und Hubbard-Meinungen - ihr Herr und Meister würde sich im Grab umdrehen, wenn er das sehen könnte!
Dann gibt es da das enorme Problem, daß Hubbard das Werk so vieler anderer Autoren dem seinen eingegliedert hat, ohne jemals präzise Quellenangaben zu machen. In den frühen Ausgaben seiner Bücher wurden diese Autoren zumindest auf der Titelseite erwähnt - in den neueren Ausgaben fehlen diese Danksagungen ganz.
Die Philosophie der Menschheit ist ein riesiges Netzwerk miteinander verbundener Gedanken, die ursprünglich aus vielen Quellen gekommen sind. Hubbard hat Dutzende davon genommen und die ursprünglichen Quellen verdunkelt, indem er die Gedanken neu formulierte und alle Informationen über die ursprünglichen Autoren entfernte. Es ist, als hätte er ein globales Netz von Schnüren in der Hand gehalten, die Schätze am Ende einer jeden Schnur an die Küste seiner persönlichen Insel gezogen, und dann die Schnüre abgeschnitten und in die Tiefe des dunklen Ozeans zurückgleiten lassen, so daß sie nie wieder gefunden werden - bis er am Ende auf einer Insel voller Schätze saß, aber ohne jede Verbindung zu den anderen Kontinenten, die voller lebendiger Menschen sind mit ihren Erinnerungen und ihrer Geschichte.
Es würde viele Jahre der Arbeitszeit eines Doktors sowohl der Philosophie als auch der Theologie erfordern, um all die verlorenen Verbindungen von Hubbard's Texten zu den exakten Quellen im Werk früherer Autoren wieder herzustellen. Wissenschaftliche Autoren sind daran gewöhnt, ihre Verweise auf das Werk anderer Autoren mit vollem Namen und dem genauen Titel und der Seite der Veröffentlichung, aus der das Zitat stammt, aufzulisten. Hubbard's Stil in diesen Angelegenheiten ist vollkommen unkompatibel mit wohlbegründeten wissenschaftlichen Gepflogenheiten.
Alle diese Dinge machen Hubbard und sein Universum zu einem isolierten Ansatz, der auf Grund seiner eigenen Prioritäten weder willens noch fähig ist, sich mit anderen Forschungsgebieten oder mit anderen Forschern im selben Gebiet zu vernetzen. Daher fürchte ich, daß Hubbard's Goldmine nie in einer Universitätsbibiliothek zu finden sein wird.
Die Tatsache, daß dort - in den Universitäten - die meisten der führenden Denker der Welt anzutreffen sind, scheint die Scientologen nicht zu beunruhigen. Sie halten sich selbst für die Elite der Welt, bloß weil sie ein paar Prinzipien über den Geist und den Verstand verstehen und weil sie das edle Ziel haben, diesem Planeten geistige Gesundheit zu bringen - aber sie sehen nicht, daß die wirkliche Elite der Welt ihre eigene Show betreibt, ganz ohne die Hilfe Hubbard's und seiner Nachfolger. Als logisches Ergebnis sind die Gold-Nuggets, die in Hubbard's Werk zu finden sind, für die Forscher des Mainstream verloren. Es verblüfft mich immer wieder, daß niemand sich den Verlust an menschlichen Resourcen auszurechnen scheint, der durch diese Isolierung verursacht wird.
Scientology ist eine Goldmine...
Das folgende sagte Hubbard im Jahr 1956. Es ist nur eines der Nuggets, die einen richtigen Scientologen am Graben halten:
"Ich betrachte alle Auditoren [Auditor: Praktiker der Scientology] als meine Freunde. Ich betrachte sie als Freunde, selbst wenn sie squirreln [squirreln: siehe Definition weiter oben]. Ich glaube, daß sie das Recht haben, sich selbst und ihre Meinungen auszudrücken. Ich würde nicht einen Augenblick lang daran denken, ihr Recht zu denken zu behindern. Ich denke an Auditoren und Scientologen als ein Volk von freien Menschen." ...
"Ich erwarte von Auditoren oder Scientologen nicht, sofort mit dem, was ich sage, übereinzustimmen oder davon Gebrauch zu machen. Ich wäre beleidigt, wenn sie es täten, und hätte das Gefühl, daß sie kein Volk von freien Menschen sind. Da sie intelligent sind, erwarte ich von ihnen, über das nachzudenken, was gesagt wird, es zu versuchen, und wenn es gut für sie ist, es zu verwenden. Daß alte Auditoren früher oder später zu dem zurückkehren, was ich entdeckt habe, und es verwenden, beweist nichts über das Verhältnis zwischen uns, es beweist nur, daß ich recht habe, weil ich es von Anfang an richtig machen wollte." ...
"Es bekümmert mich, wenn ich sehe, daß jemand weniger erreicht, als er sollte, weil er glaubt, daß es mir nicht recht ist, was er tut. Innerhalb und außerhalb von Organisationen zähle ich auf Initiative und gutes Urteilsvermögen."
L. Ron Hubbard, PAB 79, 10 April 1956, THE OPEN CHANNEL
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